Selbstfürsorge im Herbst oder auch: ist Kalligraphie die Meditation für Menschen, die nicht meditieren möchten?
Keine Frage, der Herbst ist da. Es ist kühler, die Sonne zeigt sich seltener. Ich schaue aus dem Fenster, es ist grau und nass. (Tatsächlich regnet es Bindfäden, während ich das hier schreibe.) Und zack – schon ist die Stimmung bei mir völlig anders als im Sommer, als die Sonne mir direkt morgens schon Energie gegeben hat. Ich werde noch langsamer wach und komme mir vor wie ein Igel, der so allmählich in den Winterschlaf gehen möchte. Graues Wetter, graue Stimmung = graue Grübelgedanken, die sich im Kreis drehen? Nein, das möchte ich nicht bis zum Frühling haben, deshalb muss ich mich um mich kümmern. Wie mir meine Stifte dabei helfen, erzähl ich hier.
Dieser Artikel ist Teil der Blogparade „Bye bye, Herbstblues“ von Rosina, dort findest du ganz verschiedene Sichtweisen zum Thema.
1. Was ist überhaupt Selbstfürsorge?
Selbstfürsorge ist ja schon ein Trendwort geworden, dabei heißt es erstmal nur, sich um die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden zu kümmern. Dazu gehört also eine vernünftige Mahlzeit genauso wie das Zähneputzen. Aber was ist mit meinen grauen Grübelgedanken im Herbst? Auch mein Kopf möchte etwas Selbstfürsorge abbekommen und wenn es dir genauso geht, dann bist du hier richtig.
2. Warum ist Selbstfürsorge jetzt gerade besonders wichtig?
Wenn du nach Winterblues googelst, findest du unzählige Artikel mit Tipps und Vorschlägen. Das Thema ist in unseren Breitengraden wirklich wichtig, die Dunkelheit drückt die Stimmung, wir sind mehr drinnen, bewegen uns weniger, bekommen weniger Sonnenlicht ab. Wer sich davon nicht überraschen lassen möchte, kann sich jetzt im Oktober schon Routinen angewöhnen, die helfen, besser durch den Winter zu kommen. Das kann ein Spaziergang in der Mittagspause sein. Manchen hilft eine halbe Stunde vor der Tageslichtlampe. Oder wie wär’s mit einer Kalligraphierunde am Abend? 😉
3. Was hat Selbstfürsorge mit Kalligraphie zu tun? Ist üben nicht anstrengend?
„Kalligraphie üben? Och nö, da muss ich ja nochmal das Gehirn anstrengen.“ „Üben ist doch nicht entspannend.“ Wunderst du dich, dass ich das vorschlage oder ist dir völlig klar, dass 15 Minuten Kalligraphie dir gut tun können?
Kalligraphie als Meditation
Still da zu sitzen, noch dazu mit geschlossenen Augen, nein, das ist nichts für dich? Dann lies weiter, denn das Schreiben ist völlig anders: du tust etwas, deine Hände haben Beschäftigung und trotzdem können deine Gedanken komplett abschalten.
Klar, Kalligraphie zu üben, erfordert ein bisschen Konzentration. Allerdings darfst du es dir nach einem anstrengenden Tag auch leicht machen, die meditativen Effekte kannst du trotzdem erleben. Wenn du dich zum Beispiel abends hinsetzt und für 15 Minuten die Grundformen übst, musst du nicht viel nachdenken. Die Formen sind klar, du musst nicht überlegen, was du schreibst. Du nimmst einfach deinen Brushpen und kariertes oder liniertes Papier (oder mein Übungsblatt 😉 und legst los. Versuchst, die Formen gleichmäßig und ohne Wackler hinzubekommen. Nach jeder Form machst du eine kurze Pause, schaust sie an und überlegst: gefällt mir die Form? Möchte ich bei der nächsten irgendetwas anders machen? Und schon schreibst du weiter. So füllst du Reihe um Reihe, deine Konzentration ist völlig bei den Schwüngen und Schleifen. Für andere Gedanken ist gar kein Platz. Du hast keine Kapazität, um gleichzeitig noch an deine To-Do-Liste zu denken. Deshalb treten nach ein paar Minuten alle anderen Gedanken in den Hintergrund. Das Geplapper im Kopf wird leiser, vielleicht verstummt es auch ganz. Ich gebe zu, das ist für mich das beste Gefühl! Diese Ruhe im Kopf! Da ist es dann auch völlig egal, ob ich nur Wellenlinien übe, einzelne Buchstaben oder ganze Sätze. Es geht nicht um das Ergebnis – der Prozess an sich tut einfach gut. Dass sich deine Kalligraphie dabei verbessert, ist ein netter Nebeneffekt, aber gar nicht das Wichtigste.
Kalligraphie, um Gefühle rauszulassen
Manchmal ist es aber auch anders: wenn der Kopf voll ist mit einem Gefühl, wenn ich zum Beispiel richtig wütend bin, dann kann ich das mit meinen Brushpens auch wunderbar rauslassen. Dazu nehme ich fast immer schwarz, gern einen großen Brushpen oder auch einen Pinsel. Mit schnellen großen Bewegungen landen dann Wörter auf dem Papier, die mir durch den Kopf schießen. Das muss nicht ordentlich aussehen, das landet nicht auf Instagram, das braucht auch niemand zu sehen. Probier’s mal aus: kümmer dich nicht darum, ob du alle Regeln der Kalligraphie beachtest, ob dein Wort gerade ist oder ob deine Buchstaben perfekt aussehen. Vielleicht verraucht auch deine Wut ein bisschen, wenn du sie zu Papier gebracht hast.
4. Warum Kalligraphie? Es ist ein Hobby für jede und jeden.
Kalligraphie ist ein unkompliziertes Hobby: du brauchst nicht viel, du musst nicht viel Geld ausgeben, brauchst keine aufwändigen Vorbereitungen, du musst auch nirgends hinfahren. Es reicht ein Brushpen (wenn du dich auf einen Stift beschränken kannst, haha) und glattes Papier. Du kannst also ganz einfach zwischendurch ein paar Minuten üben und dann Stift und Block in einer Schublade verschwinden lassen. Es ist also weder viel Vorbereitung noch viel Übungszeit nötig – perfekt für jeden, der eh schon einen vollen Tag hat und zwischendurch für 10 Minuten abschalten möchte.
Wenn du magst, mach ein Ritual draus: mit einer Tasse Tee, der passenden Musik und einem Stift lässt sich wunderbar der Kopf abschalten. Ich habe eine Zeit lang immer die gleiche Musik gehört, das hat dann direkt den „Schreib-Schalter“ angeknipst. Ach, noch was: du kannst mit Kalligraphie auch Wartezeiten super überbrücken. Üben vor dem Arzttermin? Kein Problem, wenn du ein kleines Notizbuch dabei hast. Beruhigt die Nerven und die Zeit vergeht wie nichts.
Und noch ein letzter Vorteil, bevor ich dich zum Üben schicke: kurze Übungszeiten reichen aus, um Fortschritte zu sehen. Gerade am Anfang siehst du so schnell, wie sich deine Buchstaben verbessern – beste Motivation, um weiter zu üben.
Jetzt interessiert mich, ob du deine Brushpens auch schon zur Selbstfürsorge nutzt. Wenn ja: wie machst du das? Hast du ein bestimmtes Ritual dazu? Was hilft dir besonders gut? Schreib mir einen Kommentar!
Wenn du neugierig geworden bist und das Ganze ausprobieren möchtest: besorge dir einen kleinen Brushpen und fang mit meinem Übungsblatt an.
Danke für diesen tollen Impuls. ich habe ein paar Kalligraphiestifte und wollte das immer mal besser lernen. Dein Beitrag schubst mich dazu wieder an.
Oh, wie toll! Auf der Workshopseite gibt’s auch ein Übungsblatt, wenn du ein bisschen Anleitung brauchst. Viel Spaß!
Liebe Melanie, schon allein die Überschriften von deinen Blogartikeln finde ich mega spannend. Ich werde mal in Ruhe wiederkommen, und sie alle lesen.
Liebe Grüße,
Hannah